„Gewalt kommt nicht in die Tüte“ - Spendenaktion

Foto von links: Silke Thies (Frauenhaus Elmshorn), Stefanie Pfingst (Frauenberatung Pinneberg), Jörn Dwenger (Bäckerei Dwenger), Celia Letzgus (Gleichstellungsbeauftragte Gemeinde Halstenbek), Deborah Azzab-Robinson (Gleichstellungsbeauftragte Stadt Pinneberg), Eline Joosten (Gleichstellungsbeauftragte Stadt Uetersen)

Jede Stunde erlebt eine Frau in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner, jede Woche gibt es vier Mordversuche, alle drei Tage stirbt eine Frau.

2021 haben die Behörden 161.000 Opfer von Gewalt durch Partner/-innen oder Ex-Partner/-innen registriert. Experten/-innen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, weil sich viele Opfer nicht trauen, Anzeige zu erstatten. Ca. 80% der erfassten Opfer sind Frauen, die Täter Partner oder Ex-Partner. Häusliche Gewalt umfasst alle Formen physischer, sexueller und/oder psychischer Gewalt zwischen Personen in zumeist häuslicher Gemeinschaft.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Personen in Ehe, eingetragener Partnerschaft oder einfach nur so zusammenleben, welche sexuelle Orientierung vorliegt oder ob es sich um eine Gemeinschaft mehrerer Generationen handelt. Wichtig ist, dass es sich um eine Beziehung handelt (die noch besteht, in Auflösung befindlich ist oder seit einiger Zeit aufgelöst ist). Der Ort des Geschehens kann dabei auch außerhalb der Wohnung liegen, z.B. Straße, Geschäft und Arbeitsstelle, häufig ist jedoch die Wohnung selbst der Tatort.

Häusliche Gewalt hat vielfältige Erscheinungsformen. Sie reichen von subtilen Formen der Gewaltausübung durch Verhaltensweisen, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der/des Geschädigten ignorieren, über Demütigungen, Beleidigungen und Einschüchterungen, Bedrohung sowie psychischen, physischen und sexuellen Misshandlungen, Freiheitsberaubung bis hin zu Vergewaltigungen oder zu versuchten oder vollendeten Tötungen. Verwurzelt ist sie in historisch und kulturell ungleichen Machtverhältnissen zwischen Frauen und Männern.

Fast alle Formen häuslicher Gewalt stellen Handlungen dar, die gesetzlich mit Strafe bedroht sind. In Frage kommen zahlreiche Straftatbestände, die im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ein polizeiliches Tätigwerden von Amts wegen auslösen, denn häusliche Gewalt ist nie Privatsache. "Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich." (Art. 2 Grundgesetz)

Häusliche Gewalt kann alle Bildungs- und Einkommensschichten betreffen. Sie existiert in allen Altersgruppen, Nationalitäten, Religionen und Kulturen. Häusliche Gewalt entsteht nicht – wie z. B. eine Schlägerei unter Betrunkenen im öffentlichen Raum – aus einer konkreten Situation heraus. Sie ist vielmehr Ausdruck eines andauernden Macht- und Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Täter/-in und Opfer.

Beziehungen, in denen Gewalt ausgeübt wird, unterliegen häufig einer Eigendynamik, die einem bestimmten Muster folgt. Typisch ist dabei, dass sich die Situation zunächst beruhigt und der oder die Gewaltausübende sich entschuldigt, dann aber wieder gewalttätig wird. Mit der Zeit werden die Abstände zwischen den einzelnen Gewaltausbrüchen kürzer und die Schwere der Gewalt nimmt zu. Bei häuslicher Gewalt handelt es sich also nicht um Einzelfälle. Studien für Deutschland und Europa belegen, dass etwa ein Viertel aller Frauen in Deutschland irgendwann in ihrem Leben Opfer häuslicher Gewalt wird.
Auch Kinder sind von dieser Gewalt betroffen, wenn sie in ihrer Familie Gewalt als Konfliktlösungsmuster kennen lernen, Gewalt selbst erfahren oder beobachten. Diese Kinder haben ein hohes Risiko, später selbst gewalttätig oder Opfer von Partnergewalt zu werden. Auch deshalb muss häusliche Gewalt verhindert und umgehend gestoppt werden.
https://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/haeusliche-gewalt/

In Deutschland flohen 2021 34.000 Frauen mit fast ebenso vielen Kindern vor ihren gewalttätigen Männern ins Frauenhaus.
Das Hilfsangebot ist mit bundesweit rund 360 Frauenhäusern, 100 Schutzwohnungen und 600 Beratungsstellen unzureichend.
In Schleswig-Holstein sind im Jahr 2022 sechs Frauen durch Ihren Beziehungspartner getötet worden und es wurde ein versuchter Mord registriert.

Im Kreis Pinneberg bieten drei Frauenhäuser und zwei Frauenfachberatungsstellen Beratung, Schutz und Hilfe an.
2021 wurden im Kreis Pinneberg 554 Fälle häuslicher Gewalt polizeikriminalstatistisch erfasst. Davon waren 454 Opfer weiblich und 114 männlich, was 82% betroffener Frauen entspricht.

2021 mussten 145 Frauen und Kindern, die sich im Frauenhaus um Hilfe und räumliche Unterbringung bemüht haben, abgewiesen werden, weil alle Plätze belegt waren.

„Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen findet jährlich am 25. November statt. In Kooperation mit der Bäcker-Innung Schleswig-Holstein, den Frauenfachberatungsstellen, den Frauenhäusern, dem Kooperations- und Interventionskonzepts des Landes S-H und den Gleichstellungsbeauftragten wird dieses brisante gesellschaftliche Problem mit starken Partnern in die Öffentlichkeit getragen, die Telefonnummer des bundesweiten Hilfetelefons bekannt gegeben und Solidarität mit den Opfern demonstriert. Mit den landesweit verteilten Brötchentüten erreicht das Hilfsangebot unverfänglich viele Haushalte“, sagt Letzgus.

„Die persönlichen Folgen häuslicher Gewalt reichen von Schuldgefühlen des Opfers, über Verlust des Selbstwertgefühls bis hin zu Angstzuständen und psychischen Krankheiten wie Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch die Kinder sind betroffen. Weil es viel zu wenig Traumatherapieplätze gibt, soll unsere Spendenaktion hier ansetzen und in den Frauenhäusern und Frauenfachberatungsstellen erste qualifizierte Traumtherapieangebote ermöglichen“, führt Letzgus weiter aus. „Wichtig ist, dass Opfer von Gewalt Hilfe und Unterstützung bekommen und die Angebote, den Bedarfen angepasst werden“, erklärt Letzgus. „In den vergangenen elf Jahren haben 177 Frauen und auch Kinder von dem Angebot profitieren können. Wir bedanken uns bei allen Spenderinnen und Spendern, die dieses wichtige Angebot unterstützen und freuen uns in diesem Jahr 5768 € an die Frauenhäuser und Frauenfachberatungsstellen im Kreis übergeben zu können.“

Es kann noch weiter gespendet werden auf das Konto der Gemeinde Halstenbek:

Sparkasse Südholstein
IBAN: DE96 2305 1030 0002 1015 17
BIC: NOLADE21SHO
Zahlungszweck: AO 8800 „Broetchentuete“